23. Dezember 2023

Vorweihnachtliches Torspektakel gegen Hamburg endet Remis

Stürmisch ging es zu. Während draußen das Sturmtief „Zoltan“ auch über das Lipperland hinweg zog, ging es zum Jahresfinale auch in der ausverkauften Phoenix Contact-Arena heiß und vor allem torreich her. Einen Sieger brachte der Sturmlauf beider Angriffsreihen zwar nicht hervor, dennoch verabschiedeten sich der TBV Lemgo Lippe und der Handball Sport Verein Hamburg beim 34:34 (17:18) mit einem hochspannenden und emotionalen Fight in die Winterpause. Während Samuel Zehnder mit 10/5 Toren bei hundertprozentiger Ausbeute glänzte, machte auf der Gegenseite vor allem Ex-Lemgoer Dani Baijens (13 Tore) seinen ehemaligen Teamkollegen das Leben schwer. Mit 14 Pluspunkten nach 19 Spieltagen überwintert der TBV damit auf Tabellenplatz zwölf.

Aber von vorne: Für das letzte Spiel des Jahres in der mit 4520 Zuschauern ausverkauften Phoenix Contact-Arena musste TBV-Coach Florian Kehrmann kurzfristig auf den angeschlagenen Jan Brosch verzichten. Den freigewordenen Platz im Spieltagsaufgebot füllte Oleksii Tomashevskyi vom Team HandbALL auf, am Kreis begann Leos Petrovsky. Der Start in die Begegnung verlief für die Lipper jedoch nicht wie gewünscht: Auf die anfängliche 5:1-Abwehr der Gäste fand der TBV kaum Antworten. Knapp sechs Minuten waren bereits von der Uhr, als Samuel Zehnder vom Punkt zum 1:2-Anschluss traf. Zuvor hatte Zoran Ilic für die Norddeutschen mit zwei Distanzhammern vorlegen können.

Mit Zehnders Torpremiere fand der TBV allerdings in die Spur: Erst unterband Frederik Simak einen Bodenpass, dann vollendete Zehnder den Gegenstoß zum Ausgleich (7.). Der TBV Lemgo Lippe kam durch Hamburger Ungenauigkeiten in sein gefürchtetes Tempospiel, das den Hausherren durch Zehnder in der 9. Minute auch die erste Führung des Abends bescherte (4:3). Die anschließende Überzahl – Ex-Lipper Azat Valiullin hatte zu spät von Tim Suton abgelassen – wurde genutzt, um die Führung auf zwei Tore auszubauen: Eine schöne Seitenverlagerung von Lukas Hutecek nutzte Bobby Schagen zum 5:3 (11.).

Das Spiel nahm mehr und mehr Fahrt auf. Etwas mehr als eine Viertelstunde war gespielt, als Huteceks Foulspiel an Baijens dem Hamburger Ausgleich durch den ungarischen Rückraumshooter Ilic vorausging (9:9). Dennoch blieben die Lipper offensiv am Drücker, ließen in der Abwehr aber zu oft die nötige Griffigkeit vermissen. Auf den Halbpositionen brachen die Gäste immer wieder durch, so hatte Baijens auch auf Petrovskys drittes Tor im Gegenzug eine Antwort (12:12). Lemgos Kreisläufer, der an diesem Abend sowohl vorne als auch hinten fast durchgängig gefordert war, sah kurz darauf (24. Min.) die erste Zeitstrafe für den TBV. Nun gab Hamburg wieder den Takt vor – und Lemgo verteilte in dieser Phase Weihnachtsgeschenke. Nachdem Casper Mortensen per Gegenstoß auf 13:16 erhöht hatte, bat Kehrmann zur Auszeit, forderte mehr Intensität in der Abwehr und mehr Bewegung gegen die Hamburger 5:1 im Angriff.

Gesagt, getan: Petrovsky, der ein hohes Anspiel von Niels Versteijnen gekonnt vollendete, verkürzte auf 14:16, dann zündete Zehnder den Turbo zum Anschluss, nachdem Simak dem heranstürmenden Baijens den Ball weggeschnappt hatte. Ärgerlich, dass Ex-Lipper Azat Valiullin in Unterzahl zum 15:17 traf. So bedeutete Versteijnens erneuter Durchbruch den 17:18-Anschluss zur Halbzeit. Die Zuschauer sahen ein munteres, ausgeglichenes Scheibenschießen – das für den zweiten Durchgang keine Prognose zuließ.

Auch der Start in die zweite Halbzeit ging an den Tabellennachbarn. Wieder traf Ilic zum Ärger der Lipper mit dem letzten Wurf, kurz darauf musste Versteijnen verletzt vom Feld, nachdem er von zwei Hamburgern in die Mangel genommen worden und unglücklich auf die Schulter gefallen war. Bemerkenswert: Der Niederländer hatte nach kurzer Behandlung noch auf 18:19 verkürzt, musste nach dem Wurf aber resignieren. Für Versteijnen, der mit guten Assists an so manchem TBV-Treffer entscheidend beteiligt war, rückte Lemgos Defensivspezialist Nicolai Theilinger in die Angriffsformation.

Das Unterfangen wurde nicht leichter: Hamburg hatte an diesem Abend auf die Anschlusstreffer des TBV immer wieder eine Antwort parat. Nachdem Emil Buhl Laerke beispielsweise mit einem Distanz-Aufsetzer in Minute 41 erstmals den 22:23-Anschluss hergestellt hatte, konterte Baijens im Gegenzug. Nachdem Petrovsky mit seinem fünften Tor erneut den Anschluss markierte, traf Valliulin in Hamburger Unterzahl – weil der TBV defensiv noch immer Lücken offenbarte. Zudem wurde den Gästen in der ein oder anderen Situation das Spielglück zuteil. So landete der Ball nach einer Kastelic-Parade gegen Baijens nur im Seitenaus, Valiullins abgefälschter Wurf landete kurz darauf doch im Netz (24:26). Zu allem Übel leitete wieder ein technischer Fehler den erneuten Drei-Tore-Rückstand ein. Eine Dreiviertelstunde war um, Auszeit TBV. Kehrmann forderte vorne mehr Geduld, hinten eine durchgehend wache Deckung. „Wir brauchen zwei, drei gute Situationen, dann kommt die Halle“, prognostizierte Lemgos Coach.

Lemgo attackierte im Sieben-gegen-sechs, Emil „Boom“ Laerke schmetterte zum erneuten Anschluss (27:28), doch Lemgo verlor den Ball in der Vorwärtsbewegung – und Hamburg zog wieder weg. Ein ums andere Mal fingen sich die Lipper einfache Gegentore. Nachdem Hamburgs Rechtsaußen Frederik Andersen einen Abpraller zum 28:31 genutzt hatte (51.), bäumte sich der TBV einmal mehr auf. Eine verbesserte Abwehr und wichtige Kastelic-Paraden mündeten in der Crunchtime in einen 3:0-Lauf, den Suton zum 31:31-Ausgleich krönte. Längst kochte der Lemgoer Hexenkessel, hitzig wurde es auch auf dem Feld: Zehnders zehntes Tor zum 32:31 markierte die erste Führung in Hälfte zwei, beide Teams waren in dieser Phase nur noch zu sechst. Jetzt legte Lemgo vor – und Hamburg konterte. Suton warf in Schräglage zum 34:33 – dann parierte Kastelic gegen Baijens, doch die Referees hatten ein Foulspiel gesehen. Mortensen verwandelte den Siebenmeter. 45 Sekunden blieben dem TBV für den letzten Angriff – doch ins Ziel fand dieser nicht mehr. So endete das Handballjahr 2023 für den TBV mit einer Punktetrennung.

Die Stimme zum Spiel von Florian Kehrmann: „Wir haben heute ein sehr intensives Spiel gesehen. Hinten raus wären zwei Punkte auch nicht verdient gewesen, weil Hamburg das wirklich auch sehr gut gemacht hat. Letztendlich können wir damit zufrieden sein. Das spiegelt auch die Liga dieses Jahr wider. Man muss sich alles hart erkämpfen, es kommt auch Kleinigkeiten an. Heute sind zwei Mannschaften aufeinandergetroffen, die voll auf Augenhöhe sind. Wir können froh sein, am Ende den Punkt zu holen.“

TBV Lemgo Lippe: Zecher, Kastelic; Hutecek (1), Theilinger (1), Zehnder (10/5), Simak (1), Laerke (3), Tomashevskyi, Schagen (4), Carstensen, Suton (4), Zerbe, Versteijnen (4), Houtepen, Petrovsky (6)

Handball Sport Verein Hamburg: Bitter, Vortmann, Pinski; Mortensen (4/2), Tissier (2), Weller (1), Andersen (5), Hartwig, Severec, Bergemann, Wloch, Ilic (6), Benkendorf, Valiullin (3), Baijens (13)

Die Pressekonferenz nach dem Spiel:

Foto: Matthias Wieking