Pokalrevanche missglückt: Göppingen entführt beide Punkte aus Lemgo
„Was wäre, wenn…“, dürfte dem ein oder anderen unter den 3220 Zuschauern in der Phoenix Contact-Arena aufgrund der vielen vergebenen Chancen gerade zu Beginn der Partie wohl durch den Kopf gegangen sein. Stattdessen hat der Negativlauf auch nach dem 9. Spieltag Bestand: Mit 21:26 (9:12) ist dem TBV Lemgo Lippe die heimische Revanche für das Pokal-Aus gegen Tabellennachbar FRISCH AUF! Göppingen misslungen. Es ist die fünfte Niederlage in Serie. Gegen das Team von Ex-Lemgoer Markus Baur kommen die Lipper in beiden Halbzeiten nur schwer in die Gänge und müssen sich in erster Linie die ausbaufähige Chancenverwertung ankreiden.
Zum Spiel: Der TBV erwischte eine denkbar schlechte Anfangsphase: Zwar eröffnete Lukas Hutecek mit einem platzierten Distanzhammer den Nachmittag, doch fortan sollten die Gäste den Ton angeben. Lemgo hingegen verließ im eigenen Abschluss das Matchglück. Anders Göppingen: Angeführt von dem wendigen Jaka Malus sowie dem wurfversierten Josip Sarac spielten sich die Gäste in einen Rausch, liefen dem TBV mit einem 6:0-Lauf regelrecht davon.
Dabei war der TBV mit seinen auf den Punkt gespielten Angriffsvorträgen keineswegs chancenlos, hatte freie Möglichkeiten jedoch teils kläglich vergeben und Gästekeeper Bart Ravensbergen schon früh auf Touren gebracht. Zehn Minuten später trommelte Florian Kehrmann sein Team erstmals zusammen. Kurz darauf brach Lukas Zerbe den zwölfminütigen Torlos-Bann im Gegenstoß, ehe Finn Zecher im Tor den bis dato glücklosen Urh Kastelic ablöste. Dessen erste Parade endete in einem weiteren Lemgoer Gegenstoß, doch wieder verriegelte Ravensbergen sein Tor, womit er nach 19 Minuten bereits auf sieben Paraden kam. Aber der TBV blieb wacker, verteidigte weiterhin leidenschaftlich und konnte mit Tempogegenstößen die Göppinger Defensive ein ums andere Mal überrumpeln. So ging dem Zerbe-Gegenstoß ein gelungener Petrovsky-Steal voraus (6:8), ehe Niels Versteijnen im dritten Lemgoer Anlauf den ersten Strafwurf verwandelte zum umjubelten Anschluss (8:9). Der TBV erwies sich zunehmend als Nutznießer einiger technischer Fehler der Gäste. Kurz vor der Halbzeitpause hätte der TBV erneut auf 10:11 stellen können, doch der Gegenstoß landete in den Fängen von Göppingen, das mit der Pausensirene durch Kozina auf den 9:12-Halbzeitstand stellte. Der Lemgoer Mutmacher: Es war wieder alles drin.
Doch wie schon in den ersten 30 Minuten kamen die Lipper nach Wiederanpfiff nur schwer in Tritt, brauchten fünf Minuten Anlauf, ehe Tim Suton nach einem Tempovortrag auf 10:16 verkürzen konnte. Es war jedoch der Startschuss für die Lemgoer Aufholjagd: Leve Carstensen und Lukas Zerbe bewiesen Vollstrecker-Qualitäten, Tim Suton und Simak nutzten die Lücken im 7:6-Überzahlspiel, ehe Bobby Schagen auf 15:18 stellte. Wieder war der TBV nah dran, das Spiel zu kippen, scheiterte in diesen entscheidenden Momenten jedoch an sich selbst. Missverständnisse und fehlendes Glück im Abschluss unterbrachen das Momentum, wodurch Göppingen sich wieder absetzen konnte. Ein Lemgoer Doppelschlag durch Simak und Samuel Zehnder (per Strafwurf) nährte für einen kurzen Augenblick wieder die Aussicht auf etwas Zählbares – doch eine erneute Lemgoer Unterzahl nutzten die Gäste aus, um durch Sarac und Marcel Schiller frühzeitig die Weichen für den Auswärtssieg zu stellen. Das letzte Wort an diesem Nachmittag oblag Carstensen, der mit seinem dritten Tor den 21:26-Endstand bescherte.
Die Stimme zum Spiel von Florian Kehrmann: „Man merkt unserer sehr jungen Mannschaft an, dass gerade etwas die Lockerheit fehlt und nicht alles einfach von der Hand geht. Das sehe ich aber als normale Entwicklung. Wir müssen relativieren, wo wir in dieser Liga stehen. Mit Göppingen kam heute eine Mannschaft zu uns, die gefühlt drei bis vier Millionen Euro mehr Etat und andere Ansprüche hat als wir. Trotzdem wollten wir natürlich auch dieses Spiel gewinnen. Wir sind zwar heute auch an uns selbst gescheitert, jedoch sollten wir nicht den Fehler machen, auf die jungen Spieler draufzuhauen. Die ersten Minuten waren sinnbildlich, ähnlich der Verlauf der zweiten Halbzeit. Wir kämpfen uns Ende der ersten Halbzeit wieder heran mit viel Einsatz und viel Freude – und dann schmeißen wir das mit einfachen Fehlern wieder weg. Das Momentum war heute einfach nicht da. Wir haben einen viel kleineren Etat als die meisten Teams in der Liga. Das kann man nicht immer auffangen und nicht immer überperformen. Das müssen wir uns wieder erarbeiten. Das wird ein schwieriger Weg, aber ich werde die Jungs weiterhin in Schutz nehmen, nicht den Stab über sie brechen und eine Krise heraufbeschwören. Die Jungs dürfen sich entwickeln, Fehler machen – denn manchmal ist ein Schritt zurück auch nötig, um die nächste Stufe zu erklimmen. Daran werden wir weiter hart arbeiten.“
TBV Lemgo Lippe: Zecher (4 Paraden), Kastelic; Hutecek (2), Theilinger (1), Zehnder (1/1), Brosch, Simak (3), Laerke (2), Schagen (1), Carstensen (3), Suton (3), Zerbe (4), Versteijnen (1/1), Houtepen, Petrovsky
FRISCH AUF! Göppingen: Ravensbergen (12/1 Paraden), Sego; Kneule (1), Flodmann, Heymann (2), Sarac (8), Poteko, Ellebaek, Persson (4), Schiller (4/2), Lastro (1), Hermann, Kozina (1), Malus (3), Schmidt (1)