Kämpferische Leistung mit unerwünschtem Ausgang
Fast durchweg geführt – doch am Ende bleiben beide Punkte in Mittelhessen: Bei der abstiegsbedrohten HSG Wetzlar entgleitet dem TBV Lemgo Lippe das Spiel spät aus der Hand, wodurch die Hausherren ihren zweiten Heimsieg in dieser Saison bejubeln. Während das 24:26 (11:10) für Wetzlar einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt bedeutet, bleiben die Lipper in der Tabelle auf Rang 13.
Ohne Frederik Simak, der im Abschlusstraining umgeknickt war und voraussichtlich auch das Jubiläumsspiel gegen Göppingen verpassen wird, baute Florian Kehrmann seine Abwehr um und ließ gegen den Tabellen-16. zunächst einmal im 5:1 verteidigen. Dieser Überraschungseffekt schlug zunächst voll ein: Die abstiegsbedrohte HSG Wetzlar kam trotz des Führungstreffers vom Punkt gegen die Lemgoer Deckung zunächst nur schwer in Tritt. Der vorgezogene Lukas Zerbe raubte der Rückraumachse immer wieder den Schwung, sodass gefürchtete Shooter wie Stefan Cavor und Lenny Rubin in der Anfangsphase kaum mal zur Entfaltung kamen. Der TBV hingegen agierte offensiv schnörkellos und überzeugte zunächst mit hoher Wurfeffizienz: Nachdem Samuel Zehnder die erste Lemgoer Führung (2:1) erzielt hatte, legte Tim Suton nach sechs Minuten mit seinem zweiten Treffer nach. Auf der Gegenseite verbuchte Finn Zecher frühzeitig erste Erfolge. Auch wenn Zehnder zunächst noch vom Punkt an HSG-Keeper Anadin Suljakovic gescheitert war, zog Suton wenig später aus der Hüfte ab zum 4:1.
Es kam noch besser: Nachdem der stets eng markierte Cavor den Kasten verfehlt hatte, besorgte Zehnder mit einem präzisen Wurf ins untere lange Eck nach elf Minuten die höchste Führung (6:2). Nach der guten Lemgoer Anfangsviertelstunde legten die Mittelhessen ihre anfängliche Nervosität ab – und fanden zunehmend zurück in die Partie. Zwar entschärfte Zecher beim Stand von 7:4 den Strafwurf von Lukas Becher, doch Kapital konnten die Lipper hieraus nicht schlagen. Nach einem Hutecek-Fehlpass markierte Rubin nach 20 Minuten per Tempogegenstoß den erneuten Anschluss (8:7). Verlass war in dieser Phase stets auf die Schnelle Mitte, die den 2861 Zuschauern in der Buderus-Arena keine Zeit für ausgelassenen Jubel bot. Bis in die Schlussphase hielt der TBV zwar den Zwei-Tore-Vorsprung aufrecht, verpasste aufgrund zu vieler technischer Fehler allerdings eine höhere Halbzeitführung. So oblag dem Gastgeber durch Ole Klimpke das letzte Wort, Zecher verhinderte einmal mehr Schlimmeres.
Nach dem Seitenwechsel fand der TBV wieder besser ins Spiel, profitierte dabei auch vom erhöhten Alu-Pech der Hausherren. Zehnder und Suton erhöhten auf 14:11, Gedeón Guardiola hätte nach Wagners Lattenknaller gar erhöhen können, scheiterte jedoch frei an Till Klimpke. Fortan geriet mehr und mehr Sand ins Lemgoer Getriebe – und die Führung schmolz dahin. Wetzlar zog im Zentrum ein Abwehrbollwerk hoch, gegen das Lemgo selbst im 7:6 mächtig Aufwand betreiben musste, um in aussichtsreiche Situationen durchzudringen. Obwohl die Lipper über die Stationen 15:14, 19:18 und 20:19 bis zur 50. Minute stets in Führung blieben, glitt ihnen das Spiel aus der Hand.
Auch als Wetzlars Siebenmeterschütze Becher einen weiteren Strafwurf nur neben das Tor setzte, stand G. Guardiola bei seinem Treffer bereits unglücklich im Kreis. Nun sah sich Lemgo in der Rolle des Jägers, kam durch Hutecek und Zerbe jeweils zum Ausgleich, leistete sich beim Stand von 23:24 jedoch einen ärgerlichen Ballverlust, wodurch der Gastgeber erstmals in diesem Spiel durch den kaum noch zu stoppenden Lenny Rubin auf zwei Tore enteilte (23:25). Hutecek scheiterte im Gegenzug an Anadin Suljakovic, der sich in den letzten eineinhalb Minuten mit einer Aktion als Wetzlars Erfolgsgarant entpuppte: Gleich dreimal schmiss sich der 24-Jährige erfolgreich den Würfen von G. Guardiola, Zerbe und Hutecek entgegen. Letzterer traf zwar 30 Sekunden vor dem Ende zum erneuten Anschluss, doch Wetzlar fand gegen die offene Lemgoer Deckung die finale Lücke, sodass Adam Nyfjäll die unerfreuliche Schlusspointe setzte.
TBV-Trainer Florian Kehrmann: „Wir haben von Anfang an den Kampf angenommen, haben das Spiel in der ersten Halbzeit eigentlich kontrolliert, es aber nicht geschafft, ein bisschen davonzuziehen. Hinten raus war es dann ein sehr enges Spiel, leider mit dem schlechteren Ende für uns. Vielleicht hat ein bisschen die Kraft gefehlt, auch mussten wir kurzfristig Frederik Simak im Abwehrzentrum ersetzen. Letztendlich war es kämpferisch eine tolle Leistung, aber nicht mit dem Ausgang, den wir uns gewünscht haben.“
TBV-Kapitän Lukas Zerbe am Sky-Mikro: „Dass wir in der ersten Halbzeit nur zehn Gegentore bekommen haben, war einerseits super. Andererseits schmeißen wir vorne zu viele Bälle weg. Vom Gefühl her hatten wir das Spiel überwiegend im Griff, aber uns haben heute gewisse Kleinigkeiten gefehlt, um das Spiel mal komplett in unserer Hand zu haben. Die letzten Spiele haben wir das 7:6 eigentlich super gespielt. Heute war es auch nicht so verkehrt, wir haben nur unsere Chancen nicht reingemacht. Dann ist es natürlich schwer, hier zu gewinnen.“
TBV Lemgo Lippe: Zecher (8/1 Paraden), Kastelic; Hutecek (5), Zehnder (5/1), Brosch (2), I. Guardiola, Laerke, Schagen, Blaauw, Schwarzer, Suton (5), Zerbe (2), Versteijnen (3), G. Guardiola (2), Houtepen
HSG Wetzlar: T. Klimpke (6 Paraden), Suljakovic (7/1 Paraden); Nyfjäll (2), Schmidt, O. Klimpke (1), Becher (3/3), Weissgerber (3), Schelker, Fredriksen (1), Pliuto, Wagner (5), Rüdiger, Mellegard, Rubin (9), Cavor (2)
Foto: Matthias Wieking