14. April 2025

Im Interview mit Thomas Houtepen: So geht es dem Lemgoer Rückraumspieler nach seinem 2. Kreuzbandriss

Diese Nachricht hatte im Januar tief ins blau-weiße Handballherz getroffen: Thomas Houtepen hatte sich beim Training der niederländischen Nationalmannschaft kurz vor dem Start der Handball-Weltmeisterschaft erneut einen Kreuzbandriss zugezogen. Nachdem sich der Lemgoer Rückraumspieler erst Ende Oktober 2024, nach über neun Monaten Verletzungspause, erfolgreich von einem Riss des vorderen Kreuzbandes im linken Knie zurückgekämpft hatte, zog sich der 23-jährige Niederländer nun ein Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie zu. Damit steht fest: Thomas Houtepen wird vorerst kein Spiel im Trikot des TBV Lemgo Lippe mehr bestreiten können. Im kommenden Sommer wechselt der Niederländer zum dänischen Erstligisten TTH Holstebro, wo Houtepen einen Vertrag bis 2027 unterschrieb. Wir haben uns mit dem Niederländer vor dem letzten Heimspiel gegen Potsdam unterhalten und uns erkundigt, wie es ihm knapp drei Monate nach der Schockdiagnose geht.

Hallo Thomas! Die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es dir heute?

Thomas Houtepen: Mir geht es aktuell wieder gut! Ich muss aber sagen, dass es mental natürlich sehr schwer zu verkraften war, nach so einer langen Verletzung direkt wieder so lange raus zu sein. Mein Ziel ist es nun wieder fit zu werden und vor allem fit zu bleiben. Dafür nehme ich mir die Zeit, die es braucht.

Wir haben dich hier als sehr positiven Menschen kennengelernt. Aber du hattest dich grade erst zurückgekämpft und das Highlight Weltmeisterschaft vor Augen. Dann erneut dieser Schlag. Was waren deine Gedanken, als du dich erneut so schwer verletzt hast?

Thomas Houtepen: Ehrlich gesagt konnte ich es erst gar nicht glauben. Ich hatte schon beim ersten Mal nicht das Gefühl schwer verletzt zu sein. Dieses Mal war es eine komplett andere Bewegung und hat sich anders angefühlt. Deswegen hatte ich die Hoffnung, dass es dieses Mal vielleicht nur eine kleine Verletzung ist. Als die Diagnose da war, war mein Kopf komplett leer. Ich war sehr traurig und enttäuscht, habe mir aber sofort gesagt, dass ich es schon einmal geschafft habe und es auch noch ein zweites Mal schaffen werde. Daran halte ich mich fest und versuche positiv zu bleiben.

Wie ging es nach deiner Verletzung für dich weiter? Den Ablauf kennst du wahrscheinlich noch allzu gut, oder?

Thomas Houtepen: Das stimmt leider. 13 Tage nach der Verletzung, wurde ich operiert und befinde mich jetzt wieder in der Reha am niederländischen Olympia-Stützpunkt in Papendal. Ich weiß nun, wie hier alles abläuft und glaube, dass mir das auch hilft. Doch grade am Anfang war es wieder sehr schwer für mich. Ich bin kein Mensch, der den ganzen Tag zuhause rumsitzen kann. Genau das musste ich allerdings die ersten vier bis sechs Wochen machen. Meine Familie hat mir in dieser Zeit extrem geholfen, weil ich in dieser Zeit zuhause bei meinen Eltern getan hat. Letztes Jahr bin ich während meiner Reha noch sehr oft nach Lemgo gefahren. Nach Rücksprache mit Florian Kehrmann mache ich das dieses Mal deutlich weniger, da ich mir eingestehen musste, dass die lange Fahrt nach einem Trainingstag sehr anstrengend war für mich. Aber beim Spiel gegen Potsdam am Donnerstag werde ich das erste Mal wieder in Lemgo dabei sein und die Mannschaft unterstützen. Ich bleibe dann ein paar Tage in Lemgo und möchte die Zeit nutzen, um mich mal wieder mit den Jungs zu unterhalten. Das wird mir sicherlich guttun. Gegen Göppingen werde ich auch auf jeden Fall noch einmal vorbeikommen. Ich möchte mich unbedingt von den Fans verabschieden, die mich in meiner Zeit beim TBV immer unglaublich unterstützt haben. Natürlich waren es mit den Verletzungen nicht die zwei Jahre, wie ich sie mir ausgemalt habe, aber trotzdem bleiben viele schöne Erinnerungen an meine Station in Lemgo.

Welche positiven Erinnerungen nimmst du mit?

Thomas Houtepen: Auf jeden Fall mein Debüt in der ersten Mannschaft!  Aber besonders war auch das Final4 im DHB Pokal in Köln. Kurz standen dabei mit Niels, Bobby, Niko Blaauw und mir alle Holländer gleichzeitig auf dem Feld. Das war mega geil und hat riesigen Spaß gemacht. Was ich aber auch mitnehmen werde ist, wie geil einfach diese Mannschaft ist und wie viel Spaß es gemacht hat mit den Jungs zusammen zu sein, zu trainieren und zu spielen.

Wenige Tage vor deiner Verletzung, wurde offiziell, dass du ab dem Sommer für TTH Holstebro in Dänemark spielen wirst. Wie hat dein zukünftiger Verein auf die Verletzung reagiert?

Thomas Houtepen: Sie haben sehr professionell reagiert. Ich habe sie sofort angerufen und informiert. Natürlich waren sie auch geschockt, aber sie versuchen mich zu unterstützen, wo sie nur können und haben mir in Gesprächen signalisiert, dass sie weiter voll auf mich setzen und keinen zusätzlichen Mann für die Mitte holen werden. Dieses Vertrauen war auch einer der Gründe, warum ich mich für einen Wechsel zu Holstebro entschieden habe. Sie geben mir alle Zeit, die ich brauche und erkundigen sich regelmäßig, wie es mir geht. Das ist ein schönes Zeichen für mich.

In Dänemark erwartet dich nach deiner Verletzung eine spannende neue Herausforderung. Was erwartest du dir persönlich von deinem Schritt zu Holstebro?

Thomas Houtepen: Wichtig wird es für mich sein, mehr Spielzeit zu bekommen. Vor allem während meiner letzten Verletzung habe ich gemerkt, wie gerne ich einfach Handball spiele und dass ich wieder mehr spielen möchte. Mir war bewusst, dass es in Lemgo für mich schwer werden würde mehr Spielzeit zu bekommen. Darüber habe ich mich mit Flo auch ganz offen und ehrlich ausgetauscht. Für mich gab es dann zwei Optionen: Entweder in die zweite Liga zu wechseln oder nach Dänemark zu gehen. Die Chance nach Holstebro zu wechseln und dort erster Mittelmann zu werden, war dann eine wirklich super Gelegenheit für mich. Ich bin überzeugt, dass die dänische Liga auch gut zu meiner Spielweise passt. Ich freue mich auch auf ein Wiedersehen mit Emil Buhl Laerke. Wir haben immer noch viel Kontakt und werden uns dort auf jeden Fall ein paar Mal verabreden.

Hast du die Verletzungszeit auch schon genutzt, um etwas dänisch zu lernen?

Thomas Houtepen: Auf jeden Fall! Ich bin allerdings auch noch sehr beschäftigt mit meinem Bachelor-Studium. Dort muss ich in den kommenden Wochen noch drei Klausuren schreiben und bin dann fertig. Darauf fokussiere ich mich aktuell neben dem Training am meisten. Aber ich probiere auch jeden Tag mit einer Sprachlern-App etwas dänisch zu lernen. Bis jetzt läuft es eigentlich ganz gut. Ich bin zwar noch nicht zufrieden, mache aber kleine Schritte in die richtige Richtung. Lesen und schreiben fällt mir recht einfach. Aber wie die Dänen einige Sachen aussprechen…da fällt es mir schwer Dinge zu verstehen und habe manchmal keine Ahnung, was grade gesprochen wird. Mein Trainer hat auch mal in Deutschland gespielt und spricht deutsch und mit Sven Ehrig spielt ein weiterer Deutscher in meinem neuen Team. Das hilft zum Start sicherlich auch etwas!

Hast du dir ein Ziel für deine Rückkehr auf das Spielfeld gesetzt?

Thomas Houtepen: Letztes Jahr habe ich mir selbst enorm viel Stress und Druck gemacht, weil ich unbedingt zur Weltmeisterschaft wieder fit sein wollte. Daran habe ich mich während der Reha festgehalten und es hat mir in der Zeit der Verletzung sehr geholfen, diese Aussicht zu haben. Aber dieses Mal versuche ich das Ganze etwas entspannter anzugehen. Nicht falsch verstehen: Ich trainiere jeden Tag sehr hart und gebe alles dafür, dass ich so schnell wie möglich wieder auf das Spielfeld zurückkehren kann, möchte mir dieses Mal aber kein Ziel setzen, wann genau ich wieder spielen möchte. Wenn es wieder klappt, dass ich im Oktober wieder spielen kann, wäre das schön – aber wenn ich ein paar Monate länger brauche, dann ist das eben so. Ich glaube allerdings nicht, dass ich beim letzten Mal zu früh eingestiegen bin: Alle Tests waren sehr gut und ich habe mich super gefühlt. Aber dieses Mal möchte ich das Risiko so gering wie möglich halten, mich wieder zu verletzen. Auch mit der Rückkehr zur Nationalmannschaft mache ich mir keinen Druck. Wenn alles gut läuft und ich nach meiner Verletzung noch 18 Jahre Handball spielen kann, werde ich mit Sicherheit noch einmal die Gelegenheit bekommen, ein großes Turnier mitzuspielen.