Halbfinal-Aus gegen Magdeburg: Beherzter Kampf bleibt unbelohnt
Teuer verkauft, doch für den ganz großen Wurf hat es am Ende nicht gereicht: Im Halbfinale des REWE Final4 unterliegt der TBV Lemgo Lippe dem Favoriten aus Magdeburg mit 31:33 (13:17). Obgleich sich die Lipper in der Schlussphase noch einmal heranpirschen konnten, mussten sie der hohen individuellen Qualität und Spielfreude des amtierenden Meisters Tribut zollen. Im Spiel um Platz drei – der Sieger überspringt die ersten zwei Pokalrunden in der neuen Saison – trifft der TBV am Sonntagvormittag auf die SG Flensburg-Handewitt. Anwurf ist um 12.45 Uhr.
Zum Spiel: Mit der Unterstützung von über 1100 TBV-Fans im blauen Eck der Kölner Lanxess-Arena legten die Lipper einen starken Start hin: Erst vollendete Niels Versteijnen mit Wucht den ersten Lemgoer Angriff zur ersten Führung, ehe Urh Kastelic unverzüglich zur Stelle war, um sich Marco Bezjak erfolgreich in den Weg zu schmeißen. Auch wenn Kay Smits vom Punkt – Jan Brosch hatte Kreisläufer Oscar Bergendahl zu stark angegangen – den Ausgleich markierte, überzeugten die Blauen mit leidenschaftlicher Abwehrarbeit, um die gefürchteten Eins-gegen-eins-Qualitäten der Magdeburger Rückraumachse um Kay Smits, Gisli Kristjansson und Philipp Weber in Schach zu halten.
Auch wenn der SCM die Partie kurz darauf mit seiner gewohnten Tempostärke drehen konnte, war der TBV in dieser Frühphase der Begegnung um keine Antwort verlegen – im Gegenteil. Erst drosch Versteijnen den Ball per Stemmwurf in die Maschen, dann entschärfte Kastelic mit seiner bereits dritten Parade auch den Distanzversuch des wieselflinken Kristjansson, ehe ein entschlossener Tim Suton mit etwas Glück zum 4:3 traf. Dies sollte leider die letzte Lemgoer Führung an diesem Abend sein. Obwohl der TBV über die Stationen 6:7, 8:10 und 12:13 bis zur 25. Minute stets den Anschluss hielt, mussten die Lipper wesentlich mehr Aufwand betreiben, um zum eigenen Torerfolg zu kommen. Über weite Strecken der Partie bewies der TBV die dafür notwendige Geduld und Konzentration, musste auf der anderen Seite jedoch ein postwendendes Rückzugverhalten an den Tag legen. All das kostete spürbar Kraft.
Nachdem Gedeón Guardiolas in Minute 27 einen Fehlwurf verzeichnet hatte, setzte sich der Favorit im Gegenzug erstmals auf drei Tore ab (12:15). Bitter, als Lemgos Siebenmeterschütze Zehnder an der linken Pranke des gerade eingewechselten SCM-Keeper Mike Jensen scheiterte. Auf der Gegenseite traf Kristjansson mit seinem fünften Treffer zur höchsten Magdeburger Führung. Mit der Zeit im Nacken blieb Lukas Hutecek mit der letzten Aktion in Halbzeit eins nur noch ein Lattentreffer vergönnt. Dann war Pause.
Auch nach der Pause drückte der Tabellendritte aufs Tempo und blieb im eigenen Angriff äußerst fehlerfrei und kaltschnäuzig. Schnell wurde klar: Um noch einmal heranzukommen, benötigte Lemgo Torwartparaden. Die hatten bis zur Schlussphase jedoch Seltenheitswert, weder Kastelic noch Finn Zecher bekamen zwischenzeitlich kaum mal eine Hand an den Ball. Umso ärgerlicher, als Zecher in der 36. Minute seine erste Parade verzeichnete und Brosch im Gegenzug beim Stand von 16:21 völlig frei verfehlte. Eine Zeitstrafe gegen Smits spielte dem TBV in die Karten, um durch Brosch und Lukas Zerbe wieder auf minus drei zu verkürzen. Doch Magdeburg demonstrierte immer wieder das Selbstverständnis einer Spitzenmannschaft – und war nach 51 Minuten auf 27:21 davongeeilt. Bis dahin deutete nur wenig darauf hin, dass es in der Kölner „Kathedrale des Handballs“ noch einmal spannend werden würde.
Der TBV bewies allerdings enorm Moral, ging vorne ins 7:6 und stellte hinten auf eine 5:1-Abwehr um. Vier Minuten später hatten sich die Lipper erneut auf drei Tore herangepirscht , brauchten aber nun dringend Abwehraktionen – oder Ungenauigkeiten des Gegners. Nachdem Suton vier Minuten vor Schluss auf 32:29 verkürzt hatte, endete der darauffolende Magdeburger Angriff im Seitenaus. Es galt keine Zeit zu verlieren. Doch inmitten des Lemgoer Angriffsvortrags ahnte Magdeburgs Matthias Musche Huteceks Passversuch auf Versteijnen voraus – und ließ die letzte Lemgoer Hoffnung drei Minuten vor dem Ende mit seinem Steal zerplatzen. Als der Ball nach Kastelic‘ Fußparade dem Magdeburger Toptorschützen Kay Smits vor die Füße fiel, war die Messe endgültig gelesen. Dass Lemgo dennoch auf zwei Tore aufschloss, zeigte einmal mehr die große Moral, die gegen spielstarke Magdeburger am Ende leider nicht ausreichte für eine weitere Pokalsensation in der TBV-Historie.
TBV-Trainer Florian Kehrmann am Sky-Mikro: „Die Stimmung in Köln war unglaublich. Die Halle hat gebrannt, unsere Fans haben gebrannt, die Mannschaft hat gebrannt. Wir hatten in der ersten Halbzeit eine Phase, in der wir ihnen ein, zwei zu einfache Tore geben und wenn der deutsche Meister dann so ein Polster hat, dann wird es immer schwer heranzukommen. Dann war es ein sehr zähes Spiel, wir haben trotzdem nie abreißen lassen und alles versucht. Hinten raus hat es dann nicht ganz gereicht. Wir hatten uns einen Plan gemacht, aber wussten auch, dass wir vielleicht die beste Eins-gegen-eins-Mannschaft nicht einfach so stoppen können. Wir hatten sie heute ein paar Mal am Zeitspiel, immer wieder gestellt und trotzdem hat es Magdeburg dann sehr clever gelöst. Man braucht als Underdog in so einem Halbfinale auch einfach eine herausragende Torhüterleistung und die haben wir heute leider nicht gehabt, was auch der Qualität von Magdeburg geschuldet war.“
TBV Lemgo Lippe: Zecher (1 Parade), Kastelic (6 Paraden); Hutecek (7), Zehnder (5/3), Brosch (3), I. Guardiola, Simak, Laerke (1), Schagen, Blaauw, Schwarzer, Suton (3), Zerbe (3/1), Versteijnen (4), G. Guardiola (5), Houtepen
SC Magdeburg: Jensen (2/1 Paraden), Portner (1 Parade); Meister (3), Chrapkowski, Lipovina, Musche (2), Kristjansson (9), Pettersson (2), Hornke, Weber (5), Mertens, O’Sullivan, Bezjak, Smits (12/4), Damgaard, Bergendahl